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Fachbeitrag: Reine Ressource, klare Regeln

EU-Abwasserrichtlinie stellt Industrie vor Herausforderungen

24.12.2024
von Redaktion VERFAHRENSTECHNIK
Im Rahmen des Green Deals steigen auch die Anforderungen an Industriebetriebe, die ihr Abwasser in kommunale Kläranlagen einleiten oder eigene Kläranlagen betreiben.

Die EU hat im Rahmen der Gesetzesvorhaben des Green Deals unter anderem eine überarbeitete Fassung der kommunalen Abwasserrichtlinie auf den Weg gebracht. Sie schreibt strengere Kontrollen und eine verbesserte Behandlung von Abwasser vor. Damit steigen aber nicht nur die Anforderungen an Kommunen, sondern auch an die Industriebetriebe, die ihr Abwasser in kommunale Kläranlagen einleiten oder eigene Kläranlagen betreiben.

Autoren: Christian Gutknecht, Dr. Christian Wolter (beide Endress+Hauser)

Wasser zählt zu den wertvollsten Ressourcen unseres Planeten. In Deutschland sind wir es gewohnt, dass qualitativ hochwertiges Wasser in unbegrenzter Menge jederzeit aus der Leitung kommt.

Diese Ressource ist jedoch auch hierzulande zunehmenden Gefahren ausgesetzt. Insbesondere Schadstoffbelastungen wie Mikroplastik, anthropogene Spurenstoffe und immer noch zu hohe Nährstoffbelastungen von Stickstoff und Phosphor gefährden die Wasserqualität und -verfügbarkeit.

Um Wasserknappheit in der Zukunft zu vermeiden und die Wasserressourcen besser zu schützen, hat die EU im Rahmen der Gesetzesvorhaben des Green Deals unter anderem eine überarbeitete Fassung der kommunalen Abwasserrichtlinie auf den Weg gebracht.

Auch für die Industrie von Relevanz

Sie schreibt strengere Kontrollen und eine verbesserte Behandlung von Abwasser vor. Mit den verschärften Grenzwerten und der Einführung der angestrebten vierten Reinigungsstufe steigen aber nicht nur die Anforderungen an die Kommunen, sondern auch an die Industriebetriebe, die ihr Abwasser in kommunale Kläranlagen einleiten oder eigene Kläranlagen betreiben.

Darüber hinaus sollen die Pharma- und Kosmetikindustrie zukünftig an den Kosten der Abwasserreinigung beteiligt werden. Doch wie kann die Industrie neben den unvermeidbaren Mehrkosten den verschärften EU-Vorgaben gerecht werden? Welche Maßnahmen sollten sie schon jetzt ergreifen?

Endress+Hauser bietet schnell zu installierende, messbereite Panellösungen für die zuverlässige Überwachung aller relevanten Abwasserparameter.

Schnell zu installierende, messbereite Panellösungen eigen sich gut für die zuverlässige Überwachung aller relevanten Abwasserparameter

Die Neuerungen lesen Sie nach einem KLICK

Die Novellierung der EU-Abwasserrichtlinie bringt weitreichende Veränderungen mit sich, die mehrere Ebenen betreffen. Besonders relevant für die Industrie sind die neuen Anforderungen an kommunale Kläranlagen, da viele Betriebe ihr Abwasser entweder direkt oder indirekt über diese Anlagen in die Gewässer einleiten.

Somit ist auch die Industrie unmittelbar von den verschärften Vorgaben betroffen, die nun für kommunale Kläranlagen gelten sollen. Zu den wesentlichen Änderungen gehört die Einführung neuer Grenzwerte und Behandlungsstufen für Kläranlagen, die den Schadstoffeintrag in die Umwelt deutlich reduzieren sollen.

Beispielsweise müssen kleinere Gemeinden bis 2030 ihre Kläranlagen auf eine sekundäre Behandlungsstufe (Biologie) zur Entfernung organischer Inhaltsstoffe umstellen. Für größere Kläranlagen (größer als 100.000 Einwohner), die Abwässer von Industrieunternehmen behandeln, werden ab 2035 strengere Reduktionsquoten für Gesamtphosphor und Gesamtstickstoff vorgeschrieben. Diese neuen Vorgaben bedeuten, dass industrielle Abwässer, die in kommunale Systeme eingeleitet werden, bereits vor der Einleitung besser vorbehandelt werden müssen, um die verschärften Anforderungen zu erfüllen.

Neuer Paramter und vierte Behandlungsstufe

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Neufassung ist die Einführung des Parameters Gesamtkohlenstoff (TOC) und die Einführung einer vierten Behandlungsstufe zur Entfernung von Spurenstoffen, die bis 2035 für alle großen Kläranlagen (größer als 100.000 Einwohner) verpflichtend wird. Dies betrifft insbesondere industrielle Betriebe, die spezielle Schadstoffe in ihren Abwässern führen, wie etwa Mikroverunreinigungen aus chemischen Prozessen oder pharmazeutische Rückstände.

Die EU-Vorgaben zur Abwasserreinigung werden Deutschland in den nächsten 20 Jahren voraussichtlich rund neun Milliarden Euro kosten. Das geht aus einer Studie des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) zur neuen Kommunalabwasserrichtlinie hervor. Da laut EU-Kommission 80 Prozent der zu eliminierenden Stoffe in Gewässern aus kosmetischen und pharmazeutischen Produkten stammen, setzt die überarbeitete EU-Abwasserrichtlinie auf das Verursacherprinzip.

Das bedeutet, dass die Hersteller von Arzneimitteln und Kosmetikprodukten künftig einen wesentlichen Teil der Kosten für Abwasserreinigungsmaßnahmen tragen sollen. Die Höhe ihres Beitrags wird von der Toxizität und der Menge der in den Markt gebrachten Produkte bestimmt, sofern diese eine Menge von zwei Tonnen überschreiten.

Industrie gefordert

Industrieanlagen müssen nun alles daransetzen, den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Dabei spielt besonders die Ressourcensicherung eine entscheidende Rolle. Denn neben den finanziellen Mehrkosten müssen auch die Planung, der Anlagenbau und die zeitliche Umsetzung sorgfältig koordiniert werden. Dies erfordert ein umfassendes Projektmanagement und enge Kooperationen mit erfahrenen Partnern, um sicherzustellen, dass die Projekte termingerecht und im vorgesehenen Budgetrahmen abgeschlossen werden können.

Neben den finanziellen und organisatorischen Herausforderungen müssen Industrieunternehmen künftig ihr Abwasser eigenverantwortlich und kontinuierlich gemäß den verschärften Vorschriften und den Anforderungen der Kommunen überwachen. Diese Anforderung erfordert nicht nur technische Anpassungen, sondern auch ein umfassendes Monitoring spezifischer Gesundheitsparameter.

Partnerschaften essentiell

In diesem Zusammenhang gewinnen starke Partnerschaften an Bedeutung. So unterstützt Endress+Hauser bereits seit Jahren seine Kunden mit Expertise und maßgeschneiderten Lösungen, um Wasser als reine Ressource zu erhalten.

Das Familienunternehmen bietet dafür robuste Analysepanels für die zuverlässige Überwachung aller relevanten Abwasserparameter an und verwendet für die Panels modernste Messgeräte mit Memosens- und Liquiline-Technologie, die ein exzellentes Wartungskonzept bieten: Verschlissene Sensoren lassen sich innerhalb von Sekunden durch vorkalibrierte Sensoren ersetzen, was die Ausfallzeiten auf ein Minimum reduzieren kann. Das umfassende Serviceportfolio deckt alle Phasen des Betriebs ab – von der Inbetriebnahme und Verifikation bis hin zur Wartung und Fernsupport (Remoteservices).

Dies schließt die ausführliche Dokumentation von Ereignissen bei der Inbetriebnahme und die Erstellung von Sicherungsdateien ein, um eine durchgängige Nachvollziehbarkeit und Transparenz zu ermöglichen.

Fernüberwachung ohne Betriebsunterbrechung

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Heartbeat Technology, die eine kontinuierliche Fernüberwachung und -verifikation von Messgeräten ermöglicht, ohne den laufenden Betrieb zu unterbrechen. Diese Technologie ist darauf ausgelegt, über den gesamten Lebenszyklus hinweg einen sicheren und effizienten Anlagenbetrieb zu erreichen. Außerdem lassen sich die erfassten Daten anschließend mit dem Cloud-basierten Industrial-IoT-Ökosystem Netilion aufbereiten und auswerten

Diese Lösungen verbessern nicht nur die Effizienz und Zuverlässigkeit der Abwasserbehandlung, sondern tragen auch dazu bei, den Energieverbrauch zu optimieren und die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sicherzustellen. Denn zusätzliche Reinigungsstufen oder die Integration der vierten Reinigungsstufe in die Abwasserbehandlung führen zu einem erhöhten Energieverbrauch. Deshalb ist es entscheidend, dass Unternehmen Lösungen finden, um Energie effizient zu nutzen und gleichzeitig auf den anstehenden Wandel in der Energieversorgung vorbereitet zu sein.

HIER erfahren Sie alles über den Green Deal

Der Anlass für die umfassende Überarbeitung der Abwasserrichtlinie ist der Europäische Green Deal, der das Ziel verfolgt, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Ein zentrales Element dieses Plans ist der Schutz der Wasserressourcen. Hierfür wurde von der Bundesregierung eine weitreichende nationale Wasserstrategie entwickelt, die den nachhaltigen Umgang mit Wasser sicherstellen soll.

Fokus auf weniger Schadstoffe

Der Fokus liegt auf der Reduzierung von Risiken durch Schadstoffeinträge, wie beispielsweise durch die Einleitung von Schwermetallen aus industriellen Prozessen in Flüsse und Seen, den Eintrag von Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor aus der Landwirtschaft oder die Belastung von Gewässern durch Mikroplastik und Chemikalien aus urbanen Abwässern und Industrieanlagen.

In diesem Rahmen wurde die EU-Abwasserrichtlinie, die seit 1991 unverändert blieb, einer umfassenden Revision unterzogen und soll nun an den aktuellen technologischen Fortschritt, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und die aktuellen politischen Ziele angepasst werden. Der Entwurf der überarbeiteten Richtlinie ist am 10. April 2024 im EU-Parlament verabschiedet worden, wobei die Veröffentlichung im September 2024 stattfinden soll. Binnen zweieinhalb Jahren muss sie anschließend von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.

 

Christian Gutknecht, Industriemanager Umwelt Endress+Hauser & Dr. Christian Wolter, Produktmanager Endress+Hauser.

Die Autoren: Christian Gutknecht (li), Industriemanager Umwelt Endress+Hauser & Dr. Christian Wolter, Produktmanager Endress+Hauser

 

 

 

Quelle: Endress und Hauser

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